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Mittwoch, 23. Mai 2018

Chachani

Die kurze Geschichte einer 6000er Besteigung

Sonntag, 13.05.2018

Ich habe mich breit schlagen lassen, darum ist es heute soweit. Petra, Tobi und ich machen uns auf den Weg den Chachani zu erklimmen... Ok, erwandern trifft es in Anbetracht der technischen Schwierigkeit wohl eher. Was will ich auf einem 6000er? 6057m um genau zu sein. Egal, ich mag die beiden und ohne mich müssen sie mit Fremden da hoch und zu dritt bekommen wir einen privaten Führer. Ausserdem sind wir ähnlich fit. Was soll 's, weiß gerade sowieso nicht was ich machen soll.

Gestern waren wir beim Reiseveranstalter und haben unsere Ausrüstung abgeholt. Klamotten aus den 80ern, zumindest wenn ich nach Zustand und Farbkombo gehe. Egal, kennt uns ja keiner.

Ein weiterer Vorteil? ist, dass wir mit privatem Führer nicht im Basislager auf ca. 5000m übernachten müssen, da hat wirklich keiner von uns Lust drauf.

22:00 Uhr, es klingelt, der Bergführer ist da um uns abzuholen.

Zuerst fahren wir für ca. eine Stunde aus der Stadt hinaus, wir versuchen ein wenig zu schlafen... Dann kommen 2h übelster Schlaglochpiste auf den Berg hinauf, an Schlaf ist nicht zu denken, zumindest für uns nicht. Die beiden Bergführer im Auto pennen.

Montag, 14.05.2018

00:30 Uhr, wir sind am Parkplatz. Es ist sch... kalt und es bläst ein starker Wind der die Sache nicht besser macht :|

Nach ca. 1,5h über Stock und Stein haben wir die ersten Höhenmeter hinter uns und sind am Basislager. Dort schlafen noch alle. Zumindest bis wir sie mit unserem Gequatsche aufwecken... Der Wind bläst unvermindert stark. Wir essen etwas, ich ziehe mir dickere Handschuhe und noch eine Jacke an und dann geht es los, den Hügel hinauf.

Da es fast Neumond ist kämpfen wir uns bei schneidendem Wind nur im Schein unserer Stirnlampen den Berg hinauf. Der Weg ist sandig, recht steil und führt uns im Zickzack immer höher. Wir haben einen guten Rhythmus gefunden, wir alle fühlen uns wohl.

Beim ersten Stopp müssen wir feststellen, dass das Wasser in den Ventilen der Trinkblasen gefrohren ist... Nach einigem hin und her bekommen wir sie wieder frei. Das wird noch lustig, wenn nur dieser verdammte Wind nicht wäre.

Die Stunden ziehen sich ewig hin und wenn wir auf die Uhr schauen sind sie doch wie im Fluge vergangen... Tobi fängt an davon zu reden, dass er jetzt kein Problem damit hätte umzukehren. Ok, darauf sind wir vorbereitet, jeder hatte uns erzählt, dass früher oder später jeder mit dem Gedanken spielt. Also Pause machen, was essen und trinken und ihm gut zureden.

Dann irgendwann ist es bei mir soweit, wir haben immer noch mehr als 400 Höhenmeter vor uns. Ich habe hunger, zittere am ganzen Körper und mir ist furchtbar kalt. Ich esse und trinke was. Mir geht es bescheiden aber ich will nicht, dass die beiden wegen mir umkehren müssen, also weiter. Der Sonnenaufgang rückt schnell näher, dann wird mir bestimmt wieder warm.

Noch ca. 100m bist zum Gipfel, Petra scheint eher im stillen zu leiden. Doch auf die Frage des Bergführers ob wir umkehren wollen denken wir alle nur, "Der Spinnt wohl!?" und wir verneinen einstimmig.

Die letzten 100 Höhenmeter scheint jeder mehr oder weniger für sich zu kämpfen. Jeder Schritt fällt unsagbar schwer, doch dann sind wir oben...



Für tolle Fotos sind wir alle viel zu fertig. Der Guide fragt uns ob er ein Gruppenfoto machen soll, zum Glück.

Nach nur 5 Minuten machen wir uns auf den Rückweg, zuerst über vereisten Schnee und dann ein Geröllfeld den Berg hinunter zum Basislager.


Und jetzt kommt der harte Teil. Petra und Tobi haben nicht nur die Höhenkrankheit, sie sind auch völlig dehydriert! Durch die Probleme mit der Kälte haben sie fast nichts getrunken. Später finden wir heraus, dass sie auf der ganzen Tour zusammen nur ca. einen Liter getrunken haben.

Petra meint, dass sie nicht mehr richtig sehen kann, dass sie alles durch einen weißen Schleier sieht und Tobi bekommt Halluzinationen, alle Steine haben plötzlich Arme!!!
Ich mache den Guide darauf aufmerksam und fordere ihn auf den beiden Sauerstoff zu geben. Der meint nur ganz trocken, dass er keinen dabei habe und wir doch einfach schnell absteigen sollen. Dann macht er sich aus dem Staub!

Da Tobi trotzdem noch halbwegs gut zu Fuß ist sagen wir Petra sie soll langsam voraus gehen. Tobi und ich würden folgen und das macht sie auch. Wie gesagt, der Guide hatte keine Lust zu warten. Unerwartet kommt der große Einbruch bei Tobi, nichts geht mehr. Mit gutem Zureden bekomme ich ihn dazu einen Keks zu essen und einen Schluck zu trinken.

Das Basislager ist schon zu sehen scheint aber noch unendlich weit weg zu sein. Da Tobi immer langsamer wird gebe ich ihm Ziele bis zum "nächsten" Stein vor, damit wir etwas mehr Strecke machen. Ich habe keine Ahnung mehr wie lange wir für den Abstieg gebraucht haben aber es war eine gefühlte Ewigkeit.

Im Basislager treffen wir dann auf Petra und den Guide. Leider bin ich viel zu erschöpft um dem Guide die Meinung zu geigen. Petra hat immer noch Probleme mit den Augen aber sie sind etwas besser geworden. Nach einer halben Stunde Pause machen wir uns dann auf die letzten Kilometer über Stock und Stein zurück zum Parkplatz. Da ist dann bei mir so richtig die Luft raus. Auf dem letzten halben Kilometer brauche ich bestimmt 5 Pausen und komme abgeschlagen zum Auto wo die anderen schon warten.

Dann kommt die Rückfahrt und der Fahrer gibt alles um seinen alten Streckenrekord zu brechen, Arschl....

Endlich sind wir zurück im Hostel und gönnen uns eine heiße Dusche. Es geht uns wieder besser obwohl wir seit über 30h auf den Beinen sind, was für ein Trip.

Und weil wir so unglaublich optimistisch waren haben wir uns gleich noch den Nachtbus nach Cusco klar gemacht. Um 20:30 verlassen wir Arequipa in Richtung Cusco...

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